Samstag, 25. April 2015

Claudia Aebersold Szalay: Deutsche Bank gebüsst. Lässt sich die Kultur der Gier ausrotten?

"'Who gets f*cked on that?', fragt sich ein Händler, nachdem seine Pendants bei anderen Banken gerade gemeinsam das Fixing des Euribor künstlich nach unten gedrückt haben. Die Antwort liefert er gleich selbst nach: 'Ich gehe davon aus, dass ihr gerade einen Kunden abgezockt habt.' Das Beweismaterial der Behörden, bestehend aus solchen E-Mails und Chats zwischen Händlern verschiedener Banken, wiegt schwer. Nicht nur belegt es, dass Mitarbeiter der Banken über Jahre hinweg die Zinssätze am Interbankenmarkt zu eigenen Gunsten verfälscht, sich untereinander abgesprochen, den eigenen Kunden geschadet und die Marktverhältnisse verzerrt haben, vielmehr zeigt es auch auf, dass sie sich ihres schädlichen Verhaltens durchaus bewusst waren. Dessen nicht genug: Sie prahlten auch damit gegenüber ihren eigenen Chefs. So schreibt ein Händler nach einer erfolgreichen Manipulation des Euribor direkt seinem Vorgesetzten, dem Leiter der Global-Finance-Einheit der Deutschen Bank, und fragt ihn, ob er das 3-Monate-Fixing schon gesehen habe. 'Das war eine exzellente konzertierte Aktion - cheers.'

Ja, prost. Kriminelle Energie, Gier und die Blindheit selbst hochrangiger Manager gegenüber Verfehlungen in den eigenen Rängen, wenn sie denn nur lukrativ sind, können nach den vielen Enthüllungen seit Ausbruch der Subprime-Krise eigentlich niemanden mehr überraschen. Betroffen macht die Aufarbeitung der Zeit vor und während der Finanzkrise aber noch allemal. Zwar versichert die Deutsche Bank, wie andere gebüsste Häuser vor ihr, sie habe die involvierten Personen bestraft oder entlassen und die internen Kontrollen erheblich verbessert. Doch reicht das aus, um eine Betriebskultur auszumerzen, in der jahrelang nicht genau hingeschaut wurde, wenn nur die Zahlen stimmten?

Es ist gut, dass die Ermittlungsbehörden heute den Banken endlich ihre Zähne zeigen. Noch viel wirkungsvoller wäre es aber, wenn dies die Bankenchefs im eigenen Betrieb täten."

Quelle: Neue Zürcher Zeitung, 25. April 2015 (Nr. 95, 236. Jg.), S. 10.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Sie sind herzlich zu Kommentaren aufgefordert und eingeladen!